Der Freikauf von Fanö

von Hans Daugaard Peters, Fremdenführer und Nachtwächter in Ribe

Das Jahr 1741 war für die Geschichte der Insel von großer Bedeutung. Damals wurde die Insel nämlich „selbständig“, indem sich die Bewohner vom Krongut Riberhus Ladegård freikauften. Das war möglich, weil Schifffahrt und Schiffsbau genug einbrachten, und die Blütezeit erst rund 150 Jahre später zu Ende ging. Bis in die Zeit um 1850 entstanden 1100 Schiffe, was dazu führte, dass Fanö nach Kopenhagen über die zweitgrößte Handelsfl otte des Landes verfügte.

Das Gut Riberhus Ladegård ließ König Christian VI. am 10. Juli 1741 im Rathaus von Ribe versteigern. Das geschah, weil dem König das Geld ausgegangen war. Die Errichtung von Prachtbauten, zu denen Christiansborg, Hirschholm und Eremitagen zählten, war kostspielig. Da das Schloss in Ribe seit dem Krieg gegen die Schweden (1658 - 60) nur noch eine Ruine war, lag es auf der Hand, das Krongut zu veräußern. In Ribe sollte es - so wird behauptet - fürderhin weder Schloss noch Lehnsherren geben.

Waren die Kaufleute in Ribe wirklich zu befürchten?
Bei näherer Betrachtung ergibt sich jedoch ein anderes Bild. Seit der Pest von 1659 war die Einwohnerzahl in Ribe auf 1000 bis 2000 gefallen, und die Stadt war total verarmt. Zwei äußere Stadtteile waren entvölkert und sogar im Stadtkern standen fast 100 Häuser leer. Zudem versandete die wichtige Fahrrinne im Flüsschen Ribe Å. Die Stadt konnte aus ihren unzähligen, aus vergangener Zeit stammenden Handels- und Seefahrtsprivilegien nichts mehr machen. Der Einfluss der Kaufleute schwand, und über nennenswerte Vermögen verfügten nur noch Handwerker und Rentenempfänger, die kein Interesse an den Inseln Fanö oder Mandø hatten.Der Großkaufmann Jens Rahr soll ohne Erfolg versucht haben, Kapital zum Bieten aufzutreiben, und die Stadtväter von Ribe beteiligten sich gar nicht erst an der Auktion. Ob der Gutsherr von Trøjborg oder Kapitalgeber aus Altona letztlich den Kürzeren zogen, ist unbekannt, doch ist der Ausgang der Auktion kaum das Verdienst der Bewohner von Fanö.

Wurde wirklich gemogelt?
Auktionator war wahrscheinlich der für Handel und Abgaben zuständige königliche Beamte für Ribe, der auf Weisung des obersten Regierungsbeamten, Chr. von Gabel, handelte. Letzteren hatte der König angewiesen, dafür zu sorgen, dass die Inseln Fanö und Mandø möglichst nicht unter neue Herrschaft gerieten. Damit spielte er vermutlich auf das Gesetz über Erbuntertänigkeit an, das Männer zwischen 18 und 36 Jahren zwang, den Ort ihrer Geburt nicht zu verlassen. Der König wollte, dass man auch nach dem Verkauf genug Nachwuchs für die Flotte auf Fanö hatte.

Vielleicht hatte Chr. von Gabel befürchtet, dass der Gutsherr von Trøjborg oder die Kapitalgeber aus Altona den Zuschlag erhalten könnten, jedenfalls plante er, den Zeitpunkt der Auktion vorzuziehen und erwähnte das lediglich gegenüber den Inselbewohnern..

Fanö war frei und die Inselbewohner erleichtert
Das Ergebnis sprach für sich! Die Insel Mandø wurde für 864 Reichstaler und die Orte Nordby und Sønderho auf Fanö für 6.524 bzw. 1.658 Reichstaler ersteigert. Damit hatte man auch die Rechte über die Jagd und die Strände erworben. Besonders Letzteres war wegen des Strandguts ein einträgliches Recht. Auf Fanö hat man es wohl kaum für möglich gehalten, dass man Gutsherrn und Kapitalgeber überbieten konnte und so musste die heimkehrende Delegation haarklein berichten, was sich vor, während und nach der Auktion zugetragen hatte. Was sie erzählten, hat sich im Laufe der Zeit immer mehr „verselbstständigt“.

Die Freude der Inselbewohner war umso verständlicher, als sie schon seit langem mit den Preisen und Zöllen haderten, die ihnen von Ribe diktiert wurden. Ab 1741 war man davon frei, und im Jahre 1785 sandte die Stadt Ribe sogar eine Delegation auf die Insel, die sich erkundigen sollte, wie man die Fahrrinne in der Ribe Å freihalten könne. Die Rollen waren damit vertauscht. Tatsachen sind unwiderlegbar, aber nüchtern und oft langweilig, während Legenden sehr viel interessanter sind, denn darin gibt es klare Sieger und Verlierer, wenn auch auf Kosten der Wahrheit.

Die Mythe über den Freikauf von Fanö
Je ein Vertreter für die Inselorte Sønderho und Nordby sowie bedeutende Persönlichkeiten beider Gemeinden begaben sich im Juli 1741 etliche Tage vor der Auktion nach Ribe. Man wusste, dass es dort kapitalkräftige Leute gab, die höchstwahrscheinlich bieten würden. Das musste auf jeden Fall vereitelt werden. Die Inselbewohner legten nämlich größten Wert darauf, die Insel und damit das Recht auf Schifffahrt, Jagd und Strand zu erwerben. Den mitgereisten Ehefrauen der Delegierten gelang es mit List und Tücke, die Türen der Zimmer zu verbarrikadieren, wo sich mögliche Bieter aufhielten. Am Tag vor der Auktion bestach Sonnich Jensen aus Sønderho den Rathausbeamten und brachte ihn dazu, die Rathausuhr eine Stunde vorzustellen. Da die kapitalkräftigen Interessenten auf diese Weise nicht rechtzeitig zur Auktion kommen konnten, erhielten die Delegierten aus Fanö den Zuschlag.