Bakskuld - Geräucherte Kliesche

Von Kirsten Stidsholt, Naturführerin auf Fanö

An der Küste von Westjütland wurde kein Fisch mehr geschätzt als die Kliesche. Die Bewohner dieser Gegend waren nicht mit Erträgen von guten Böden gesegnet, wohl aber mit dem, was das Meer zu bieten hatte. Deshalb bezeichnet man die Kliesche auch als „Schwein der Armen“. Auf dem Speisezettel stand beispielsweise auch der Queller, der den Beinamen „Armen-Spargel“ erhielt.

Man muss keineswegs die Nase rümpfen, denn beide eignen sich vorzüglich für Speisen, und wer erst einmal davon gekostet hat, kann gar nicht genug davon bekommen. Wer sie kennt und vor der Wahl steht „geräucherte Kliesche oder Lachs“, wird sich oft schon aus Gründen des geringeren Fettgehalts für Erstere entscheiden.

Tägliche Kost
Über Jahrhunderte kam dieser, als "Bakskuld" bezeichnete Fisch in vielen Haushalten auf Fanö dreimal täglich auf den Tisch, wenn das Geld knapp und für viele an gar nichts anderes zu denken war

Vom Ackerbau lebende Familien kauften die Fische von Inselbewohnern, deren Haupterwerb die Fischerei war. Eine 1921 geborene Frau, die in einer Bauernfamilie in Sønderho aufwuchs, berichtet, dass für die Fischerei keine Zeit war. Also kaufte man hin und wieder eine Kiste mit geräucherten Klieschen, die trocken und luftig in der Bodenkammer aufbewahrt wurden. Es gab sie zumeist samstags, denn dann wurde an Ausgaben fürs Essen gespart. Die Fische wurden entweder auf der Pfanne gebraten oder in eine Zeitung gewickelt und in den Kohlenherd gelegt, und dazu gab es Reisbrei.

Ein vielseitig verwendbarer Speisefisch
Die Kiesche ist ein zur Familie der Schollen gehöriger Plattfisch, den man früher auch einfach "Scholle" nannte. Im 18. Jahrhundert fing man diesen Fisch mit einer Leine, an der kleinere Leinen mit bis zu 400 Angelhaken befestigt waren. Zur Spezialtität wird dieser Fisch durch Salzen, Trocknen und Räuchern. Die Konservierung ist durchaus eine Kunst, von der Haltbarkeit, Konsistenz und Geschmack abhängen.

Hinter der Dachtraufe vieler alter Häuser auf Fanö erblickt man immer noch Haken, die bezeugen, dass hier einst gesalzene Klieschen zum Trocknen hingen. Zwischen den Haken saß eine Leine, an der die Fische paarweise hingen. Das sachgerechte Trocknen war für das Endergebnis von großer Bedeutung, denn wenn der Fisch vor dem Räuchern nicht völlig trocken war, war es mit der Haltbarkeit nicht weit her. Früher brauchte man mehr Salz als heute, weshalb man den Fisch vor der Zubereitung oft noch wässern musste.

Und heute?
Nichts ist so, wie es einmal war, und das gilt auch für diese Spezialität. Heutzutage heißt es "Zeit ist Geld", weshalb die Räuchereien heute nicht mehr wie einst vorgehen. Vielmehr werden die frisch gefangenen Klieschen vor dem Räuchern ausgenommen, gesalzen und einer Schnelltrocknung unterzogen. Zwar sind die Filets heute saftiger und dicker als damals, dagegen aber nicht so lange haltbar, sodass sie im Kühl- oder Gefrierschrank aufzubewahren sind.

Wie wär’s mit selber zubereiten?
Auf Fanö ist es kein Problem, diese Spezialität auf den Tisch zu bekommen, denn schon ein fl üchtiger Blick auf die Speisekarten der Restaurants zeigt, dass sie überall angeboten wird. Aber natürlich kann man getrocknete und geräucherte Klieschen auch beim Fischhändler kaufen und selber zubereiten. Pro Person sollte man mindestens 2 Fische vorsehen, denn dank des guten Geschmacks wird man sich kaum mit einem Fisch begnügen wollen. Einfach Flossen und Schwanzspitze der Fische abschneiden, einige Minuten auf jeder Seite in Butter braten und mit Roggenbrot und Butter servieren - fertig! Messer und Gabel braucht man nicht, man nimmt sie in die Hand und isst sie mitsamt der Haut, was kein Problem ist, wenn die Fische richtig durchgebraten sind.Bei gutem Wetter kann man den Fisch auch draußen grillen. Das hat Vorteile, denn man vermeidet intensiven Geruch in der Küche und bekommt heißen Fisch auf den Teller. Aber daran denken, dass einer pro Person zu wenig ist! Zu dieser Mahlzeit gehört traditionell ein Kaffeepunsch - vielleicht auch zwei.

Apropos Duft oder Geruch: Ich werde dabei an meine eigene Schulzeit erinnert. Es gab nichts Schöneres, als in der Mittagspause nach Hause zu kommen, wo ein gebratener "Bakskuld" mit Roggenbrot auf dem Tisch bereitstand. Es sei angemerkt, dass es damals keinen Kaffeepunsch dazu gab. Gründliches Händewaschen war anschließend nötig, denn schließlich wurde ja mit den Fingern gegessen. Wieder zurück in der Schule, musste man sich derbe Sprüche gefallen lassen, wie etwa: "Wer zum Donnerwetter hat zum Mittag Bakskuld gegessen? Pfui - wie das stinkt!" Und der "Schuldige" konnte sich nicht herausreden.

Kein Grund zur Sorge!
Sollte man mit einem Boot oder gar mit dem Fährschiff untergehen, kann man dennoch Hoffnung schöpfen. Auf dem Meeresgrund wartet nämlich Las. So heißt es jedenfalls in einem alten Lied vom Skipper Las, der zwischen Esbjerg und Fanö mit seinem Boot bei Sturm in Seenot geriet. Kein Wunder, denn sein Boot war das reinste Wrack, sodass es mit ihm unterging. Zwar hatte er keinen Proviant an Bord, doch er wusste sich zu helfen. Er fing einfach Klieschen - was sonst? Und nach jeder Mahlzeit gab es Kaffeepunsch, denn die Zutaten hierfür hatte er seltsamerweise nicht vergessen. Nun hockt er da unten, und wenn man ihm begegnet, bekommt man wahrscheinlich beides angeboten. Wer also zu Lebzeiten nicht die Möglichkeit hatte diesen Fisch zu probieren, den erwartet dieses vielleicht im Jenseits.